Freitag, Dezember 29, 2006

Dan Simmons: Der Sturz von Hyperion (1990)








Dan Simmons: Die Hyperion-Gesänge - Der Sturz von Hyperion, München 2002 (Original: Dan Simmons: Hyperion, GB 1990.) (750 S.)

Am Ende meint Martin Silenus im Zuge des üblichen Abschieds-Abspanns zu seinen verbleibenden Kollegen:
„Ich habe gelernt, dass Dichter keine Götter sind, aber wenn es einen Gott gibt – oder etwas, das einem Gott gleichkommt -, ist er ein Dichter. Und zwar ein gescheiterter.“ (Die Hyperion-Gesänge, S. 1427.) Und dann rülpst das Baby.

Genauso abenteuerlich, wie der erste Teil der Erzählung begonnen hatte, setzt sich der zeite Teil bis zur Auflösung der Geschichte fort. Atemberaubende Wendungen und intellektuelle Höhenflüge reißen den Leser wohlverpackt in brillianten Bildern mit in das Ende einer engstirnigen Welt, die sich im Tode erst einer geistigen Weite und endlich auch einer wahren Freiheit öffnen kann.
Ist es schwierig gewesen, die Handlung von Hyperion in wenigen Worten zu umreißen, so ist es nahezu unmöglich, es für den Sturz von Hyperion zu versuchen. Daher nur ein kurzer Einblick in die faszinierende Welt dieser perfekt durchdachten Space-Opera.

Zeitgleich mit der Öffnung der Zeitgräber fallen die Ousters über das Hyperion-System her. Die Hegemonie unterschätzt den angreifenden Schwarm und sieht sich plötzlich auch einer Invasion auf alle anderen mit dem Farcaster-Netz verbundenen Welten gegenüber, die Meina Gladstones Regierung in heilloses Chaos zu stürzen drohen. Nur mit Hilfe der mächtigen KIs des Core kann der Angriff gestoppt werden, die Verbündeten Maschinen der Menschen haben ein Geheimwaffe entwickelt, mit der die Ousters alle auf einen Schlag ausgelöscht werden können.
Die Zeit drängt, Welten brennen, und dabei drängt sich immer mehr die Frage auf, ob der TechnoCore nicht das eigentliche Übel hinter und über all den offensichtlichen und akuten „Problemen“ der Menschheit ist.
Die Gruppe der Pilger um die Zeitgräber herum hat einstweilen – ein jeder auf seine Art – mit dem Shrike und seiner eigenen, ganz speziellen Rolle im unplanbaren und dennoch geplanten Ende der Welt zu spielen, während um sie herum tobt ein Kampf der Götter tobt.
Bis endlich alle begriffen haben, welche Rolle ihnen selbst zugedacht ist, und bis sie diese auch akzeptieren und ausfüllen, geschieht eine Unzahl nahezu unbegreiflicher Dinge, die den Leser ständig am Rande des Ertragbarenn festhalten. Und so ist man tatsächlich bis zuletzt gespannt, fühlt sich wie ein vor eine Kutsche gespannter Esel, dem man eine Karotte vor der Nase baumeln lässt, damit ihm das Wasser im Maul zusammenläuft und er immer weiter zieht. Selten schreibt ein Autor so fesselnd.

Die Gestalt des Dichters John Keats führt in der nunmehr dritten Auflage seiner Persönlichkeit in seinen Träumen durch einen Großteil der Geschichte. Es ist für ihn die Geschichte einer Selbstfindung, eines Menschen – nein: einer Künstlichen Intelligenz – die das Leben um sich herum mit erstaunlicher Klarheit wahrnimmt, sich selbst aber nur unzureichend beurteilen kann. Mit dieser Erzähler-Figur hat Dan Simmons den einzig möglichen Weg zum Überleben im Universum, nämlich den der Symbiose zwischen Mensch und Maschinenintelligenz, auch strukturell zum tragenden und verbindenden Element seines Romans gemacht, was vielleicht nicht der bedeutendste Kunstgriff in dieser Erzählung ist, aber wohl der schönste.

Bewertung:
Inhalt 1-
Plot 1
Stil 1
_________
gesamt 1
=========

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