Montag, März 27, 2006

Brian W. Aldiss: Feinde aus dem Kosmos (1958)

Brian W. Aldiss: Feinde aus dem Kosmos, München 1984 (Original: Brian W. Aldiss: Equator. GB 1958); in: Chroniken der Zukunft, Bd. 3, S.133; hg.v. W. Jeschke, München 1984. (107 S.)

Der deutsche Titel ist etwas irreführend, weil er eine Erwartungshaltung aufbaut, die letztlich nicht eingehalten wird. Das ist freilich das Ziel des Erzählers, der den Leser zuerst glauben lässt, die fremden Siedler planten eine Invasion der Erde, um die ganze Agentenjagd im letzten Moment als politisches Hirngespinst zu entlarven. Doch von vorne: Vor einiger Zeit ist ein Raumschiff der Rasse der Rosker auf der Erde gelandet, um hier eine neue Heimat zu finden. Nach langem Überlegen hat man ihnen Sumatra als Wohnsitz zugeteilt, was zu lokalen Spannungen führte, aber die beste Lösung für ein Zusammenleben zu sein schien. Mittlerweile ist allerdings das Misstrauen zwischen Menschen und Roskern so stark geworden, dass ein regelrechtes Spitzelunwesen zwischen den Staaten der Welt und dem Staat der Rosker entstanden ist. Leslie Tyne gerät im Zuge eines Spionageeinsatzes in die Wirren dieser Agentenscharaden und stellt die längste Zeit einen Spielball der verschiedenen Mächte dar. Tyne kommt endlich hinter ein Geheimnis, das die Menschheit erfahren muss: Das roskische Flüchtlingsschiff scheint die Vorhut einer Invasion zu sein! Doch die Rosker stellen ebensowenig wie die Menschen eine einheitliche Masse dar, die Roskische Friedensbewegung arbeitet gegen die Invasionspläne in den eigenen Reihen. Zuletzt aber, nachdem allerhand zu Bruch gegangen und Tyne mehrmals in die Fänge verschiedener Fraktionen geraten ist, wird klar, dass die angeblichen Invasionspläne lediglich der perfide Plan eines größenwahnsinnigen roskischen Politikers war, der die Welt in Schrecken versetzen und dadurch seine Machtbasis ausweiten wollte. Die Figurenkonstellation holpert etwas - Tyne hat zum Beispiel in seiner Hintergrundgeschichte als Diplomat gearbeitet, bevor er zum Raumfahrer wurde, und wird immer noch als "Junger Hüpfer" angesprochen - und der Handlungsverlauf ist zwar bewusst verwirrend gehalten, bietet aber zu wenig emotionale Angriffsfläche, um den Leser wirklich bei der Stange zu halten. Darüber hinaus stellt die Geschichte in bester Manier eine Parabel auf den kalten Krieg dar. Beide Seiten einer höchst prekären und vor allem auf geheimster Ebene stattfindenden Auseinandersetzung jagen letztlich einem Phantom nach, das allein den dubiosen Hintermännern jemals dienen kann, wenn die Menschheit nicht bemerkt, dass sie sich ins Boxhorn jagen lässt. Der positive Ausgang der Geschichte ist bei einer derartigen Interpretation allerdings als etwas naiv zu bezeichnen.

Kurzinfo: Brian W. Aldiss

Bewertung:

Inhalt: 2-
Plot: 4
Stil: 4
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gesamt: 3-4
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Montag, März 13, 2006

Larry Niven: Ringworld´s Children (2004)

Larry Niven: Ringworld´s Children, London 2004. (349 S.)

Louis Wu erwacht zum Zwanzigjährigen verjüngt im Autodoc. Der Protektor Tunesmith, der die Kontrolle über das Reparaturzentrum und die Meteoriten-Abwehr unter der Karte des Mars übernommen hat, ist dabei sich in den Randkrieg einzumischen, der sich unweigerlich der Ringwelt nähert und sie durch den rücksichtslosen Einsatz von Antimateriewaffen zu zerstören droht.
Mit einem gestrandeten ARM-Raumschiff kommt Roxanny auf die Ringwelt, die erste vollkommen menschliche Frau, der Louis seit Jahren begegnet ist. Er verbirgt seine Identität aber vor ihr, um die Erreichung ihrer militärischen Ziele zu erschweren. Während sich zwischen Louis und Roxanny ein Spiel um Geheimniskrämerei und Preisgabe von Informationen entwickelt, fungiert Wu als Marionette von Tunesmith, um eine neue Technologie zu überprüfen, mit deren Hilfe der Protektor Schäden im Scrith, dem Basismaterial der Ringwelt, reparieren will. Sie treffen auf Wembleth, einen Abenteurer der Ringwelt, und werden von einem uralten Protektor namens Proserpina entführt. Dieser scheint der letzte Überlebende von den Erbauern der Ringwelt zu sein, und um die Ringwelt vor dem Randkrieg zu retten, lässt sie sich schließlich auf eine Zusammenarbeit mit Tunesmith ein.
Wu mutiert selbst zum Protektor und erkennt Wembleth als seinen und Teela Browns Sohn. (Sie war jene Frau, die als Glückspilz von den Puppeteers gezüchtet wurde und mit Louis zuerst auf der Ringwelt gelandet war.) Er bringt Roxanny und Wembleth in Sicherheit, hilft Tunesmith und Proserpina bei ihrem Plan zur Rettung der Ringwelt vor dem Krieg und verlässt schließlich mit dem Puppeteer Hindmost die Ringwelt. Die Ringwelt selbst verschwindet kurz darauf im Hyperraum und taucht erst zwei Tage später weit jenseits jeden menschlichen Einflusses wieder auf, um ein neues Leben zu beginnen.

Larry Nivens Konzepte sind in diesem vierten Teil aus dem Ringweltuniversum kein bisschen schwächer geworden. Wo die Basisdaten dieses unvorstellbar weiten Lebensraumes endlich verständlich erschienen, treten nun Veränderungen ein, die wiederum nur Staunen hervorrufen können. Die Vorstellung, dass selbst hinter den größten Zufällen des Universums immer noch das gezüchtete Glück von Teela Brown steht, ist einer der großen Kunstgriffe, mit denen sich die Story immer wieder in einem anderen Licht präsentiert.
Die gesamte Ringwelt schließlich durch den Hyperraum auf die Reise zu schicken ist zuletzt ein so unglaubliches Unterfangen, dass Louis Wus Rückverwandlung in einen Menschen durch den Autodoc anstandslos hingenommen wird.
Durch die unglaublichen Maßstäbe seiner Geschichten, deutet Niven durchaus auf die Nichtigkeit der menschlichen Existenz hin. Das Konzept der Protektoren, die allein der Erhaltung dieser Existenz in Form ihrer eigenen Blutlinie dienen, gibt dieser unbedeutenden Existenz zugleich aber einen so starken Sinn, dass man sich wünschen könnte, die Vorstellung wäre Realität. Wunderbar.

Kurzinfo: Larry Niven

Beurteilung:

Inhalt: 1
Plot: 1
Stil: 1-
_________
gesamt: 1
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Mittwoch, März 08, 2006

John Brunner: Die Zeitsonde (1969)

John Brunner: Die Zeitsonde, München 1971 (Original: John Brunner: Timescoop; Großbritannien 1969); in: Chroniken der Zukunft, Bd. 3, S.7; hg.v. W. Jeschke, München 1984. (131 S.)

Harold Freitas, Erbe eines interplanetaren Firmenimperiums im Jahre 2066, lässt mit Erfolg eine Maschine entwickeln, mit deren Hilfe Gegenstände und Personen aus der Vergangenheit extrahiert und als "echte" Duplikate in die Gegenwart transferiert werden können. Hauptsächlich, um sich in seiner Geistlosigkeit selbst zu schmeicheln, lässt Harold sogleich neun bedeutende Personen aus seinem umfangreichen Stammbaum in die Gegenwart bringen, die vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert gelebt hatten.
Die pompöse Firmenfeier endet allerdings in einem Desaster, weil fast keiner der berühmten Persönlichkeiten der Geschichte als reale Figur dem Bild entspricht, das die Allgemeinheit von ihnen hat. Es kommt schließlich sogar so weit, dass ein flegelhafter Earl in einem Handgemenge mit dem eigentlichen Erbauer der Maschine (Chester Waley) ums Leben kommt.
Die Gerichtsverhandlung um diesen Mord führt aber wiederum zu einer Wendung der Ereignisse, als eben der selbe Earl zur Verhandlung erscheint, der noch kurz zuvor ermordet worden war.
Damit ist die Verhandlung hinfällig. Für eine Betreuung der problematischen Verwandtschaft findet Harold schließlich genügend Interessenten, um sich diese Probleme vom Hals zu schaffen, und schließlich hat er sogar aus der ganzen Affäre etwas gelernt: Von nun an will er bewusste Entscheidungen treffen, und sich nicht allein auf die Aussagen von Computern und Mitarbeitern verlassen, die ihm sagen, was der beste Weg für seine Zukunft sei.

Die Geschichte ist flott und amüsant geschrieben und enthält genügend interessante Wendungen, um den Leser über die immer gleichen Schwachstellen von Zeitreisekonzepten hinwegsehen zu lassen. Die Naivität, mit der Harold seine Verwandten aus der Vergangenheit in die Gegenwart holt, wirkt anfangs zwar ein wenig irritierend, doch genau das ist der Punkt dieser Story. (Ben Parker würde zu Peter sagen: Mit großer Macht kommt große Verantwortung!) Harold muss das Erbe des Firmenimperiums nicht nur körperlich antreten, sondern sich auch bewusst der Verantwortung stellen, die dieses Erbe mit sich bringt. Und in dem Moment, als er das tut, beginnt sich auch ein zielgerichteter Weg durch die Hürden seines Lebens abzuzeichnen, wo er bisher nur planlos gegen Widerstände geprallt war.
Insgesamt ein sehr kurzweiliges Buch.

Kurzinfo: John Brunner

Bewertung:
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Inhalt: 2
Plot: 2
Stil: 1-2
___________
gesamt: 2+
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Sonntag, März 05, 2006

Arthur C. Clarke: Die letzte Generation (1956)

Arthur C. Clarke: Die letzte Generation, München 1966. (Original: Arthur C. Clarke: Childhood´s End; USA 1956.) (187 S.)

Über den Städten der Erde erscheinen kugelförmige Raumschiffe, deren Insassen sich als eine den Menschen bei weitem überlegene Rasse mit der Bezeichnung "Overlords" zu erkennen geben. Anfangs hat nur der oberste Regierungsbeamte Kontakt zu Karrelen, dem Anführer der Overlords. Die Außerirdischen demonstrieren ihre Macht nur, wenn es unbedingt nötig ist, und führen ansonsten allein durch ihre Anwesenheit die menschliche Gesellschaft hin zu einer Einheit und Friedlichkeit, die zuvor niemand für möglich gehalten hätte. Zu Gesicht bekommt die Overlords anfangs allerdings niemand.
Erst, als eine ganze Generation mit den schwebenden Raumschiffen aufgewachsen ist, zeigen sich die Overlords - und sie sehen aus wie die Teufel aus den verschiedensten Legenden der menschlichen Vergangenheit. Doch weil die Menschheit bisher nur Gutes von ihren stillen Wächtern am Himmel erfahren hat, zeigt kaum jemand Furcht vor den fremden Wesen.
Allein, dass Karrelen und die anderen Overlords nie ein Wort darüber verlieren, was der eigentliche Zweck ihres Erscheinens sei, regt die Neugier und Spekulation vieler. Die Gesellschaft ändert sich immer mehr, die Wissenschaft scheint alles erklären zu können, Religionen hören auf zu existieren, und nur der Weg zu den Sternen bleibt den Menschen verboten.
Zuletzt aber verändert sich die Menschheit nicht mehr aufgrund der Beeinflussung durch die Overlords. Unter den Kindern der Menschheit macht sich eine okkult wirkende Vergeistigung epidemischen Ausmaßes breit. Keines der Menschenkinder bleibt normal, die Eltern sind machtlos gegen die Veränderung. Schließlich hat die Menschheit all ihre Kinder verloren.
Die Overlords stellen sich als eine Rasse heraus, die von einer unbegreiflich mächtigen Überintelligenz als Wächter für den Durchbruchprozess in der menschlichen Rasse eingesetzt wurde. Die Außerirdischen können den Prozess dieser Verwandlung selbst nur beobachten, dieser Weg ist ihnen selbst aber verwehrt, sodass sie plötzlich nicht mehr allmächtig erscheinen.
Die Menschheit hat ihre letzte Generation geboren und stirbt ohne ihre Kinder aus. Die Kinder aber bilden bald eine neue Geistesmacht im Kosmos, die sich der Überintelligenz anschließt und so zu etwas höherem wird. Die Sterne waren nichts für die Menschen, für sie waren sie unbegreiflich. Für die Kinder der Menschheit sind sie nun eine große Spielwiese.

Nicht umsonst zählt "Die letzte Generation" neben "2001" zu den visionären Meisterwerken Arthur C. Clarkes. Sein Blick über den Becherrand der menschlichen Möglichkeiten hinaus in eine Welt jenseits unseres Verständnisses beeindruckt vor allem dadurch, dass er nicht einfach nur phantasiert, sondern gesellschaftliche und massenpsychologische Phänomene wissenschaftlich durchdringt und in seiner Geschichte durch das Auftreten der Overlords in eine neue Gesellschaft der Zukunft extrapoliert.
Dass die Overlords wie die Teufel der Vergangenheit beschrieben werden, hat dabei einen überraschend logischen Grund, sich im dritten Drittel der Erzählung okkulte und transzendente Ereignisse in die vermeintlich wissenschaftlich durchdrungene Welt zu mischen beginnen. Denn: Wenn ein Wesen aus reinem Geist besteht und als solches der zeitlichen Bindung entflieht, ist es für Medien zu jeder Zeit möglich, diese Geister der Zukunft zu sehen; verbunden mit dem Eindruck fremder Wesen, die anwesend sind, als die Menschheit aufhört zu existieren, ergibt sich für den begrenzten Verstand schnell der Schluss, dass diese Wesen das Böse verkörpern müssen. Dabei nehmen auch die Overlords nur eine Position in der Hierarchie des Daseins ein, das in seiner Gesamtheit immer jeden möglichen Erkenntnishorizont sprengen muss.

Kurzinfo: Arthur C. Clarke

Bewertung:

Inhalt: 1
Plot: 2
Stil: 1-
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gesamt: 1-2
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Donnerstag, März 02, 2006

Robert A. Heinlein: Revolte auf Luna (1966)

Robert A. Heinlein: Revolte auf Luna, München 1968 (Original: Robert A. Heinlein: The Moon is a harsh mistress; USA 1966); in: Chroniken der Zukunft, Bd. 2, S.7; hg.v. W. Jeschke, München 1984. (225 S.)

Mannie ist als Systemtechniker auf dem Mond für die Wartung des Supercomputers der Verwaltung zuständig, der sich eines Tages als vernunftbegabt herausstellt und sich Mike nennt.
Obwohl Mannie mit den Gruppen der Befreiungsbewegung nichts zu tun hat, die sich gegen die von der Erde aus gesteuerte Verwaltung des Mondes stellen, gerät er durch Zufall an diese Leute und beginnt schließlich mit ihnen zusammen zu arbeiten, ohne wirklich von ihren Zielen überzeugt zu sein. Als Mannie den Computer Mike mit den Köpfen der Bewegung bekannt macht, wird aus der ziellosen Bewegung schnell eine straffe Organisation mit klaren Zielen und einem klaren Weg.
Zuerst werden die Verhältnisse auf dem Mond sukzessive verschlechtert, damit die Unterstützung der Befreiung in der ungebildeten Bevölkerung zunimmt. Irgendwann gerät die Unzufriedenheit der Loonies außer Kontrolle und es kommt zum Putsch. Weil die Revolution aus voneinander unabhängigen Spitzelzellen besteht, können die Anhänger des alten Regimes eliminiert werden, während Mannie sich mit Prof auf den Weg zur Erde macht, um vor den Vereinten Nationen Lunas Unabhängigkeit zu erklären. Die Erdmächte lachen das Ansinnen der Mondbewohner aber nur aus und reagieren auf die Drohung, man werde die Getreidelieferungen vom Mond zur Erde einstellen, mit einem Angriff auf die Mondstädte.
Dort hat man aber schon lange vorgesorgt und ein geheimes zweites Katapult neben dem offiziellen für die Getreidelieferungen gebaut, mit dessen Hilfe man nun beginnt, die Erde mit Felsbrocken zu bombardieren. Die Einschläge sind von Mike genau geplant, und gehen meist in der Nähe von Großstädten nieder, ohne diese tatsächlich zu treffen.
Schließlich sieht die Erde ein, dass sie gegen die Geschoße vom Mond keine Chance hat, und erkennt Lunas Freiheit an. Mannie wird nach Profs Tod zum Abgeordneten der neuen Regierung. Von dem Computer Mike, der die gesamte Befreiung Lunas organisiert hatte, ist aber seit dem letzten Angriff der Erde auf den Mond nichts mehr zu hören. Er ist entweder beschädigt worden oder hat sich nach Beendigung seiner Aufgabe in sich zurückgezogen.

Was will uns Heinlein hier sagen?
Der Ton der Geschichte legt durch seine bewusste Beiläufigkeit nahe, dass eine Revolution auf Luna unvermeidlich ist. Aber dann wieder muss diese Revolution erst angeschürt werden, weil eigentlich niemand sie so recht will. Selbst Mannie, der durch seine enge Freundschaft zum denkenden Computer Mike erst den Freiheitskampf ins Rollen bringt, macht sich eigentlich nichts aus den Zielen der Revolutionäre. Er eignet sie sich offenbar nur an, weil er nichts besseres zu tun hat, und erringt über Tausende von Leichen und die Zerstörung der gesamten globalen terrestrischen Umwelt - über die Heinlein kein Wort verliert, obwohl er sie pausenlos mit Gesteinsbrocken aus dem All torpediert - letztlich ganz nebenbei die Herrschaft über den Mond.
Dass damit nichts gewonnen ist, weil der Mond ein raues Pflaster und seine Bewohner noch rauere Gesellen sind, spielt keine Rolle. Hauptsache, die Menschen sind frei.
Vielleicht ist es das, was man dem Roman an sozialkritischer Stoßrichtung unterstellen könnte: Die Infragestellung der Forderung von Freiheit um jeden Preis. Dann wäre die Story vielleicht doch mehr als nur der gerade Verlauf einer Linie von A nach B. Aber dabei bleibt es auch: einer Unterstellung.

Kurzinfo: Robert A. Heinlein

Bewertung:

Inhalt: 3
Plot: 4
Stil: 3-
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gesamt: 3-
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Poul Anderson: Das letzte Sternenschiff (1961)

Poul Anderson: Das letzte Sternenschiff, München 1969 (Original: Poul Anderson: Orbit unlimited. USA 1961); in: Chroniken der Zukunft, Bd. 2, S.427; hg.v. W. Jeschke, München 1984. (131 S.)


Die Menschheit der Zukunft kämpft mit dem Problem der Überbevölkerung. Die Ressourcen auf der Erde werden knapp und die sozialen Unterschiede müssen von Regierungsebene her eingeebnet werden. Um die letzte individuell denkende Klasse - die besitzende und profitorientierte Oberschicht - auf dem Weg in die einzig mögliche menschliche Zukunft der Gleichschaltung aufzulösen, wird ein Schulgesetz beschlossen, das Privatschulen verbietet und die staatlichen Pflichtschulen wieder einführt.
Durch die staatlichen Schulen werden die Kinder ihren Eltern immer mehr entfremdet. Daher kommen Regierung und Besitzklasse überein, dass eine Alternative gesucht werden muss, da eine friedliche Koexistenz offenbar nicht möglich ist. Das alte und wegen mangelnden Interesses dem Untergang Raumfahrtprogramm soll die Reichen Händler der Erde als Kolonisten auf einen fernen Planeten aussiedeln: Konfliktbeseitigung im wahren Wortsinn.
Nach einer nicht ganz einwandfreien Raumfahrt von 82 Jahren gelangen die Siedler auf ihren neuen Heimatplaneten, wo sie aufgrund der Luftdruckunterschiede nur auf den Hochebenen leben können. Die Raumfahrer ziehen ohne Aussicht auf baldige Wiederkehr in Richtung Erde ab, und die Kolonie beginnt zu wachsen.
Damit die Kolonie in Zukunft vor genetischer Degeneration sicher ist, werden mitgebrachte Zellen zu "exogenen" Menschen herangezüchtet und als Kinder bei den Siedlerfamilien untergebracht. Eines dieser Kinder entflieht dem sich entwickelnden Klassenkampf zwischen Normalen und Exogenen, indem es in die Schlucht nahe der besiedelten Hochebene absteigt. Zwei Männer, die das Kind teils widerwillig retten sollen, nehmen die Strapazen der fremden Umwelt in der Tiefebene auf sich und finden den Jungen schließlich unverletzt und völlig unbelastet von der veränderten Umwelt. Bei ihrer Rückkehr werden die Männer als Helden und der Junge als die Zukunft der Kolonie gefeiert, weil durch ihn ein Entkommen von der begrenzten Hochebene möglich scheint. Außerdem soll dieser gelungene Rettungsversuch helfen, die Gesellschaft weiterhin ohne Regierung auf der Grundlage gegenseitiger Solidarität zu betreiben.

Die Geschichte versucht einen Abriss der Ereignisse über mehrere Generationen hinweg mit Ausblick auf die mögliche Kolonisation eines fremden Planeten zu zeichnen. Die Figuren, denen die Handlung dabei folgt, sind lebensnah, wenn auch teilweise etwas verschroben gezeichnet, sodass die Geschichte durchaus spannende Momente entwickelt. Über den gesamten Verlauf hinweg ist allerdings kein klares Ziel zu erkennen - außer, dass eben eine Gruppe von Menschen auf einer fernen Welt ein neues Leben beginnt. Das Fehlen dieses übergeordneten Ziels und damit zusammenhängend auch das Fehlen eines durchscheinenden Themas oder philosophischen Gedankens lässt die einzelnen Kapitel aber zur beliebigen Aneinanderreihung möglicher Handlungen verkommen. Mal wird auf oberster politischer Ebene diskutiert, dann geschieht im Anflug auf die neue Welt ein Unglück in einem der Raumschiffe, und schließlich muss ein kleiner Junge gerettet werden: Ohne triftigen Grund werden die Ereignisse lose verkettet.
Als eines der frühen Werke des Autors für Fans sicherlich interessant, zum Olymp von Poul Andersons Werken gehört Das letzte Sternenschiff aber sicherlich nicht.

Kurzinfo: Poul Anderson

Bewertung:

Inhalt: 3
Plot: 4
Stil: 2
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gesamt: 3
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